Die neue Mini GmbH (1 Euro GmbH)
Sonntag, 15. Juli 2007 19:16
Seit dem 23. Mai diesen Jahres ist es beschlossene Sache: die Mini-GmbH kommt! Demnach soll eine GmbH Gründung ab Mitte 2008 mit einem symbolischen Stammkapital von einem Euro möglich sein. Die neue Rechtsform wird „haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft“ genannt. Als Grund für diese Entscheidung nannte Justizministerin Brigitte Zypries die ständig steigende Konkurrenz für deutsche Gesellschaften durch die englische Rechtsform der Limited (Ltd.), die im Gegensatz zur deutschen GmbH schon lange mit einem besonders niedrigen Stammkapital glänzt und vor allem bei Internet Startup’s und Kleinunternehmern, häufig auch im Bereich Franchising, beliebt ist. Mit dem verabschiedeten “Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen” plant die Bundesregierung eine Modernisierung des GmbH-Rechts, dass seit mehr als 100 Jahren besteht.
Die Mini-GmbH soll gleichzeitig auch als Gegenmodell zur Limited gesehen werden und dem spürbaren Rückgang von Unternehmensgründungen entgegen wirken. Stellt sich nur noch die Frage, ob sie wirklich hält, was sie verspricht, denn beim zweiten Blick auf das Vorhaben kristallisieren sich eine ganze Reihe von Nachteilen heraus. Aufgrund der Herabsetzung des Stammkapitals ist die Mini-GmbH genau derselben Kritik ausgesetzt wie die Limited. Dies bedeutet, dass die dortigen Schwächen und Umstände nicht umfassend betrachtet wurden.
Es gäbe den so genannten “gläsernen Unternehmer”, der Behörden und Ämtern ständige Einblicke in seine Geschäfte und damit natürlich auch in seine Entscheidungen zu geben hat. Stellt sich auch die Frage nach dem Datenschutz, die wohl noch für viele Sitzungen der Bundesregierung sorgen wird, da fast keinerlei Diskretion gewährleistet ist. Außerdem bleibt offen, wie mit Bilanzierungs- und Veröffentlichungspflichten sowie mit Eigenkapital ersetzenden Darlehen verfahren wird. Um langsam Eigenkapital aufzubauen, soll die Gesellschaft zudem verpflichtet werden, jeweils ein Viertel des Gewinns zurückzustellen, was ein Überleben gerade am Anfang sehr erschwert.
Die Mini-GmbH steht also einerseits für komplette Kontrolle durch die Finanzverwaltung, bringt aber auch einige Vorteile mit sich. Zum Beispiel wird der Gang zum Notar bezüglich notariellen Beurkundungen für viele GmbH-Gründungen zukünftig nicht mehr notwendig sein, was natürlich wiederum schlechte Zeiten für Notare bedeutet. Allerdings geht dies nur dann, wenn man das “Gründungsset” und die von der Regierung ausgearbeitete Mustersatzung übernimmt. Nur noch eine öffentliche Beglaubigung der Unterschriften ist erforderlich, damit eine Identifizierung der Gesellschafter möglich ist. Wochen vergingen bisher, bevor Anmeldung und Genehmigung abgeschlossen waren. Nun bedarf dies theoretisch nur noch einen Tag. Die Unternehmensgründung wird dadurch stark vereinfacht und vor allem beschleunigt. Durch die geringe Stammeinlage von nur einem Euro anstatt vorherigen 100, ist eine Flexibilisierung gegeben, die einen idealen Ausgangspunkt für die Geschäftsanteile darstellt, die künftig viel leichter aufgeteilt, zusammengelegt und sogar einzeln oder zu mehreren an Dritte übertragen werden können.
Durch die zwangsweise Rückstellung von Unternehmensgewinnen soll der Weg der neuen Kleinstunternehmer schrittweise in eine echte GmbH führen, für die nach der GmbH-Reform nur noch 10.000 Euro Mindestkapital erforderlich ist.
Man trägt mit dieser Änderung des schon etwas angestaubten GmbH-Rechts einigen neuen Entwicklungen Rechnung. Durch den schon lange währenden Internetboom ist Unternehmertum ohne Fabrikation und Angestellte möglich geworden. Da gerade im Schnellkommunikationsmedium Internet die Dynamik eine entscheidende Rolle spielt ist eine vereinfachte und beschleunigte Unternehmensgründung im deutschen Wirtschaftsrecht unabdingbar geworden. Zudem führt die hohe Arbeitslosenquote hierzulande zu einer in der Vergangenheit undenkbaren Bewegung in der Gesellschaft. Denn direkt von der Arbeitslosigkeit in eine selbstständige unternehmerische Tätigkeit zu starten war vor relativ kurzer Zeit noch ein eher seltenes Phänomen. Heute nutzt eine breite Masse die sich bietenden Möglichkeiten und schreckt dabei nicht vor Innovationen zurück. Die Möglichkeit ohne eigenes Kapital in die Selbstständigkeit zu starten, ohne privat dafür zu haften war unter diesen veränderten Rahmenbedingungen ein absolut notwendiger Schritt.
Es ist nicht nur für den deutschen Staat von Vorteil, wenn dadurch die massenhafte Abwanderung von Kleinstfirmen in englisches Recht sowie der grassierende Missbrauch in Form von „Briefkastenfirmen“ gebremst werden. Sowohl der Unternehmer, der nun keinen Firmensitz mehr in England nachweisen und auch keinen englischsprachigen Schriftverkehr mit den dortigen Behörden führen muss, als auch mögliche Gläubiger des Unternehmens, die nicht mehr befürchten müssen ihrem Geld im Ausland nachlaufen zu müssen, profitieren insofern von der Reform.
Ob man für diese Chancen das Risiko eingeht erst einmal für das ungeliebte Finanzamt mit sämtlichen Informationen geradestehen zu müssen, diese Abwägung muss natürlich jeder, der sich mit dem Gedanken ein Kleinstunternehmen zu gründen, selbst beantworten.
Die Bundesregierung sieht die Reform als Vereinfachung des bisherigen Rechts und als faire Chance quasi ohne Kapital in die Selbstständigkeit zu gelangen, Wirtschaftsliberale kritisieren die starken Kontrollen als weiteren Eingriff des Staates in die marktwirtschaftliche Entwicklung.
Da Unternehmer von Natur aus eine optimistische Einstellung mitbringen sollten, sollte man die Regulierungen möglicherweise nicht überbewerten, sich aber der zumindest in der Ansparphase des Mindestkapitals eingeschränkten unternehmerischen Freiheit jederzeit bewusst sein.
Links:
www.sueddeutsche.de/finanzen/artikel/391/115276/
www.basicthinking.de/blog/2007/05/25/der-knaller-die-1-euro-mini-gmbh-ist-nun-offiziell/
Thema: Mini GmbH Info | Kommentare (3) | Autor: admin